Opioid-Substitutions-Therapie

Opioid-Substitutions-Therapie

„Substitution bedeutet, dass bei einer physischen Abhängigkeit des Körpers weiterhin unter kontrollierten Umständen Opiate zugeführt werden.“ (Plattform Drogentherapien)
Bei der Substitutionsbehandlung, auch Suchtmittelersatzbehandlung, erhalten suchterkrankte Menschen opioidhaltige Arzneimittel auf Rezept verschrieben.
Diese Arzneimittel ersetzen die opioidhaltigen Drogen, die zuvor meist auf illegalem Weg beschafft wurden.
Die Substitutionsbehandlung kann als Dauerbehandlung, Überbrückungsbehandlung oder Reduktionsbehandlung zum Einsatz kommen.
Die Rezepte dafür können nur von Ärzt*innen ausgestellt werden, die eine Zusatzausbildung zur Substitutionstherapie haben.

Ziele der Substitutionsbehandlung
  • Stabilisierung gesundheitlicher, sozialer und finanzieller Verhältnisse
  • Entkriminalisierung
  • Schadensminimierung und Infektionsprophylaxe (Verminderung der Ansteckung mit HIV und Hepatitis)
  • (Wieder-)Eingliederung in den Berufsalltag
  • Risiken einer Opioidabhängigkeit während einer Schwangerschaft oder unmittelbar nach der Geburt verringern

Der Einstieg ins Substitutionsprogramm bedeutet den Einstieg in eine geregelte ärztliche Behandlung. Die Verbesserung des Wohlergehens von Suchtkranken steht im Vordergrund, die in eine Abstinenz münden kann, aber nicht MUSS.

 „Ziel einer Substitutionsbehandlung ist ein möglichst schadenfreies Leben trotz Suchterkrankung bei maximaler sozialer Integration und Rehabilitation“ (© GÖG/ÖBIG 2013, Substitutionsbehandlung).

Die Einstellung wird in der Steiermark bei folgenden Stellen/Einrichtungen vorgenommen:

Graz:
  • Zentrum für Suchtmedizin im LKG Graz II – Standort Süd (früher: LSF)
  • Interdisziplinäre Kontakt- & Anlaufstelle I.K.A.
  • SMZ Liebenau
  • Allgemeinmedizin Graz
Bruck/Mur:
  • Dislozierte Suchtmedizinische Ambulanz – LKH Hochsteiermark, Standort Bruck
Hartberg:
  • Dr. Astrid Maierhofer-Deutschmann
Feldbach, Fürstenfeld, Mureck, Radkersburg:
  • Hilfswerk Steiermark: Dr. Winfried Tröbinger
Südoststeiermark:
  • Dr. Eveline Schuecker

Falls Du mit einer Substitutionsbehandlung beginnen willst,
kontaktiere zuerst eine dieser Stellen/Einrichtungen.

Ablauf der Behandlung

Im Substitutionsprogramm gibt es bei der Behandlung 2 Phasen:

Einstellung

In der Einstellungsphase wird abgeklärt, ob die Substitutionsbehandlung für die/den jeweilige/n Patient*in grundsätzlich sinnvoll und angemessen ist. Bei der Einstellung erfolgt zunächst eine Bestandsaufnahme des Gesundheitszustandes der/des Patient*in, Dauer und Art des Drogenkonsums und das soziale Umfeld werden erhoben. Harn und Blut werden von einem Labor analysiert (u.a. allgemeine Laborparameter, Hepatitis, HIV, Syphilis, bei Frauen: Schwangerschaft). Weiters werden dann die Art des Substitutionsmittels und die Dosierung festgelegt.

Behandlung

Nach der Einstellungsphase können die Patient*innen zusätzlich zu den bereits genannten Stellen zu weiterbehandelnden niedergelassenen Ärzt*innen mit Zusatzausbildung in Substitutionstherapie für die fortlaufende Behandlung verwiesen werden. Der Behandlungsvertrag wird unterzeichnet und man darf sich in keiner anderen Substitutionsbehandlung befinden.

Die behandelnden Ärzt*innen stellen etwa alle 4 Wochen ein Suchtmitteldauerrezept aus (Gültigkeit: je nach Substitutionsmedikament 28 bis längstens 31 Tage), welches von der Bezirksverwaltungsbehörde bzw. von den Amtsärzt*innen vidiert, also genehmigt, wird.

Es folgen im Rahmen der Substitutionsbehandlung auch regelmäßige Harnabgaben und Untersuchungen. Die Abgabe der Medikamente erfolgt in der Regel täglich unter Aufsicht in der Apotheke.

Wenn Patient*innen abhängig vom Substitutionsmedikament zumindest sechs Monate stabil in Substitution sind (z. B. kein Beikonsum) ist eine Mitgaberegelung möglich:

Berufliche Tätigkeit oder Bildungsmaßnahme: max. 7 Tagesdosen

Urlaub: max. 35 Tage/Jahr, max. 30 Tage durchgehend (Sonn- und Feiertage werden IMMER mit eingerechnet!)

 

Substitutionsmedikamente 

In Österreich stehen derzeit folgende Substanzen für eine reguläre orale Opioid-Substitutionstherapie zur Wahl:

  • Methadon (Razemat) / Levomethadon (Handelsnamen: Methasan®, Levo−Methasan®, L−Polamidon®)
  • Buprenorphin (Handelsnamen: Bupensan®, Subutex®, Suboxone®, Buvidal®)
  • Retardierte Morphine (Handelsnamen: Substitol®, Compensan®)
  • Codein / DHC (Handelsnamen: Codidol®, Dehace®) (Codein ist kein offizielles Substitutionsmedikament, es wird dennoch zur Überbrückung oder Reduktion von Opiaten verschrieben)

Die Anwendung dieser Substanzen verfolgt zwei Ziele:

  • Vorbeugung möglicher Opioidentzugssymptome
  • Linderung des Verlangens nach Opioiden

Es handelt sich dabei um teils voll- bzw. halbsynthetisch hergestellte Opioide.

Die Substitutionsmittel sind in Tabletten-/Kapselform oder als flüssige Lösung erhältlich und werden je nach Verträglichkeit von den behandelnden Ärzt*innen verschrieben und in der Apotheke ausgegeben bzw. bei der Depotsubstitution von den behandelnden Ärzt*innen verabreicht.

 

Wirkung

Methadon (Razemat) besitzt eine schmerzlindernde Wirkung, die nach 30 bis 60 Minuten einsetzt und den ganzen Tag über anhält (Retardwirkung). 

Levomethadon (L-Polamidon, Levo-Methasan) wirkt doppelt so stark, weil es nur aus dem linksdrehenden Isomer besteht. Zusätzlich sollten mit Levomethadon weniger Nebenwirkungen auftreten.

Buprenorphin verursacht auch bei hoher Dosierung wenig bis keine Sedierung und lässt die Konsument*innen meist einen sehr klaren Kopf behalten. Zudem hat es auch eine schmerzlindernde Wirkung.

Retardierte Morphine ermöglichen ein geringeres „Craving“ (Verlangen) nach Opioiden, weisen eine gute Verträglichkeit und verringerte Nebenwirkungen auf.

Codein besitzt eine schmerzstillende, euphorisierende und beruhigende Wirkung.

 

Nebenwirkungen

Wie alle Medikamente können auch Substitutionsmittel eine Palette an Nebenwirkungen mit sich bringen:

  • Antriebs-/Lustlosigkeit, Schlaflosigkeit
  • massives Schwitzen
  • Verstopfung (Obstipation)
  • Schwindel und Übelkeit
  • Gewichtszunahme
  • depressive Symptome
  • Sexualstörungen/Libidoverlust

Während der Dauerbehandlung kann sich die körperliche und psychische Befindlichkeit
in Bezug auf ein bestimmtes Substitutionsmedikament immer wieder
verändern. Belastende Nebenwirkungen, unerwünschte Wirkungen und mangelnde
Wirksamkeit können, wie auch sonst in der Medizin, nach einer ausführlichen Risiko-Nutzen-
Abwägung zu einer Umstellung auf ein anderes Medikament führen.

Weitere Infos dazu bekommst du unter www.substituieren.at

 

Konsumformen

Die derzeit in Österreich vorgesehenen Konsumformen von Substitutionsmedikamenten sind oral oder subkutan*.

(*Depotsubstitution, in Österreich Buprenorphin mit dem Handelsnamen Buvidal, Verabreichung durch den/die behandelnde/n Substitutionsmediziner:in)

Laut Substitutionsverordnung ist ein intravenöser Konsum der Medikamente nicht vorgesehen. Das hat zur Folge, dass diese Medikamente Stoffe enthalten, die sich für den i.V. Konsum nicht eigenen und den Körper langfristig schädigen können. Trotzdem ist ein intravenöses Konsumieren von Substitutionsmedikamenten nicht strafrechtlich relevant, sondern "nur" ein Verstoß gegen die Substitutionsverordnung.

Wirkungsdauer

Oral: Wirkeintritt ab 30 Minuten, Wirkdauer: zwischen 4 bis zu 24 Stunden (je nach Substitutionsmedikament)

Subkutan: Wirkdauer: von 1 Woche bis zu einem Monat

Intravenös: Wirkeintritt binnen weniger Sekunden, Wirkdauer: bis zu einigen Stunden

Anal: Wirkeintritt binnen weniger Minuten, Wirkdauer: bis zu einigen Stunden

 

Langzeitfolgen
  • Herzerkrankungen/-entzündungen
  • Thrombosen und Geschwüre
  • Leberschädigung, Lungenerkrankungen
  • Chronische Verstopfung bis hin zum Darmverschluss
  • Bei Frauen: veränderter Menstruationszyklus
  • Bei Männern: Impotenz
  • Sexuelle Unlust
  • Zahn-, Mund- und Kiefererkrankungen bis hin zu Zahnausfall
  • Bei nicht sterilem iv. Konsum bzw. „needle sharing“ zusätzlich Infektionen (Hep.C, HIV) sowie
  • Entzündungen der Einstichstellen, Schädigungen der Venen

Durch beigesetze Stoffe in den Substitutionsmedikamenten (z. B. Talkum), können beim iv. Konsum die Blutgefäße verstopfen & das Gewebe geschädigt werden.

Bei übermäßigem Konsum sind Überdosierungen möglich. Diese treten vermehrt in Kombination mit Mischkonsum anderer Substanzen, wie Alkohol oder Benzodiazepine auf. Atemprobleme bis hin zu einer Atemdepression, welche möglicherweise zum Tod führen kann, können die Folge sein. Bei einer Überdosierung sollte schnellstmöglich Naloxon verabreicht werden.